Decolonized Mars
Die zusehenden Arbeiten sind eine fotografische Science-Fiction-Story, in der die Natur einer Zukunft digital visualisiert wird. Das Konzept orientiert sich am Begriff des „Anthropozän“, der von Paul Crutzen und Eugene F. Stoermer im Jahr 2000 vorgeschlagen wurde. Gibt es einen zeitgenössischen Naturbegriff ohne Menschen, und stehen sich Natur und Kultur tatsächlich gegenüber?
Zum Inhalt:
Die Geschichte beginnt auf der Erde, irgendwo in einer der nahen Zukünfte. Pflanzen-arten, die für ein Leben auf dem Mars in Frage kommen, werden gentechnisch so verändert, dass sie den rauen Umweltbedingungen auf dem Mars standhalten.
Unerwarteterweise gibt es auf dem Mars ein nicht dokumentiertes Bakterium, das die Pflanzen zu transformieren beginnt, sobald fremde DNA auf dem Marsboden auftaucht. Ähnlich wie das Wolbachia-Bakterium ist das Mars-Bakterium in der Lage, die DNA des Wirts zu verändern. Anstatt den Mars für menschliche Zwecke zu terraformen, beginnt eine neue Lebensform die Marslandschaft unerwartet und unkontrolliert zu verändern und umzugestalten. Sobald Menschen den Marsboden berührten, würde sich auch ihre DNA in etwas verwandeln, das nicht kategorisiert werden kann. Der neue Organismus, der sein Aussehen und seine Lebensform ungestört und kontinuierlich verändert, tauscht DNA und Informationen aus. Es ist ein einziger großer Organismus. (in Anlehnung an die Gaia-Hypothese, Holobiont von Lynn Margulis)
Fotografische Praxis:
Pflanzliche bzw. tierische Teile werden händisch arrangiert und fotografisch dargestellt. Jedes dieser fiktionalen, vermeintlich gentechnisch veränderten Gebilde besteht aus einer wissenschaftlich relevanten Pflanze und einer historisch relevanten Pflanze.
Mit jeder fiktiven Pflanze wird auf die Wurzeln von Wissenschaft und Kolonialismus verwiesen. Die Künstlerin hinterfragt den Begriff des Anthropozäns als den richtigen Ausdruck für die aktuelle geologische Epoche und möchte herausfinden, wer der effektivere Terraformer ist.
Ist es der Mensch, der die Natur formt oder ist es die Natur, die den Menschen formt?
Hat der Mensch so viel Einfluss auf die Umwelt, dass er einen lebensfeindlichen Planeten wie den Mars in eine blühende Umwelt für menschliche Zwecke verwandeln könnten?
Oder könnte eine Pandemie, wie wir sie gerade erlebt haben, oder ein winziger Organismus wie die Cyanobakterien, die Zukunft der Menschheit noch stärker beeinflussen?
Es besteht kein Zweifel, dass bestimmte menschliche Aktivitäten Auswirkungen auf die Erde haben, und sie Ökosystemen der Erde Schaden zufügen, sowie den Klimawandel vorantreiben.
Aber diese Sichtbarkeit des menschlichen Einflusses auf das Klima der Erde führt zu dem Glauben, dass die Menschheit Macht über das Klima hat, weil der Mensch es verändert hat. Als ob die Menschheit (als ein undifferenziertes Ganzes) eine überlegene Kraft wäre, die völlig losgelöst von ihrer Umwelt die Kontrolle über die Erde und den Weltraum übernehmen könnte. (nach: Stoermer/Crutzen 2000)
Marlene Mautner (*1989, Bruck an der Mur) studierte angewandte Fotografie und zeitbasierte Medien an der Universität für angewandte Kunst Wien sowie Experimental Game Cultures. Ihre Arbeiten wurden unter anderen im MAK und Belvedere21 gezeigt.
Es ist möglich die Ausstellung auf Anfrage bis 23. Mai 2023 zu besichtigen.